Dr. Eva-Marina Froitzheim

 

Katalogtext V. Ellwanger Kunstausstellung 2012

von Dr. Eva-Marina Froitzheim

Wolfgang Folmer konfrontiert den Betrachter in seinen großen Holzschnitten mit Motiven, die in den Tiefen deutscher Volksromantik wurzeln. Nach und nach geben sich dem betrachtenden Auge ein Hirsch, ein Bullterrier, Schweine und Dackel, in den 70er Jahren der Lieblingshund aller Deutschen, zu erkennen. Folmer zitiert archetypische Bilder des Deutschen, die je nach Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Schicht als Ausdruck gelebter Volkstümlichkeit und echter Gemütlichkeit geliebt oder gerade wegen dieser Konnotation strikt abgelehnt werden. Die Tiere sind gepaart mit niedlichen Puppen und Bären, deren sichtbar belassene Nähte sofort die verschämte Assoziation an aufzuschlitzendes Spielzeug wecken. Die märchenhaften Elemente, wie die als Bremer Stadtmusikanten auf einem Tisch aufgetürmten Tiere, sind in der Zusammenführung mit den anderen Gegenständen in den bizarren Szenarien auf ihren meist grausamen Kern, der den meisten Märchen innewohnt, zurückgeführt. Das bühnenhafte Geschehen kippt Folmer komplett in die Fläche. Tische, auf denen die Gegenstände häufig arrangiert werden, unterstreichen die Künstlichkeit der Situation und entlarven das Ganze als Konstruktion des Künstlers. Alles wird zusammengespannt in ein licht- und schattenloses Szenario, klaustrophobisch eingepfercht in mit Paneelen und Backsteinen abgeriegelten Räumen, aus denen es kein Entrinnen gibt. Die groteske und bösartige Szene, die sich hart am Rande des Kitsches bewegt, wird von einer messerscharfen Linie zusammengehalten. Sie alleine grenzt die durchgängig schwarz gedruckten Flächen voneinander ab, bzw. verbindet sie miteinander. Auch wenn die einzelnen Gegenstände benennbar sind, müssen die Dinge nicht sein, was sie zu sein vorgeben. Umgekehrt stellt Folmer typische Klischees auf den Prüfstand. Das scheinbar klare und benennbare Bild der Wirklichkeit kippt in diesen Holzschnitten ins Absurde und verlangt vom Betrachter eine eigene Stellungnahme. Die Holzschnitte hat Folmer aus 8 mm dünnem Sperrholz herausgearbeitet. Das preiswerte und brüchige Material birgt das ständige Risiko, mit einem zu starken Schnitt die Platte zu zerschneiden - auch das ein Bild für die Fragilität der Weit und der Szenarien, die Folmer vorführt. Folmer nutzt die ganze malerische Bandbreite des modernen Holzschnittes und bezieht bewusst populäre Ausdrucksformen, wie z .B. aus dem Comic, mit ein. (E M.F)

 

Dr. Eva-Marina Froitzheim